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Last night of the pros – von Gouverneuren und Wassermachern

Nach bestandenem Sicherheitscheck durch die Offiziellen der Wettfahrtleitung am Donnerstagmorgen konnten wir uns endlich dem Wesentlichen widmen: Segeln.

Für die schweißtreibende Bastelei der letzten Tage belohnten wir uns mit einem schönen Seetag im Great Sound beim Manövertraining. Hier, wo vergangenes Jahr noch die besten Segler der Welt um den Sieg des America’s Cup kämpften, testeten wir Segelgarderobe von Schiff und Crew, übten die Rollenverteilung beim Mann-über-Bord Manöver mit Live-Bergung durch zweiten Mann im Trockenanzug und stellten fest, dass der ein oder andere Handgriff noch einmal verinnerlicht werden könnte. Mitten in der Halse kam sie, die Meldung des Tages, und sie schlug ein wie eine Bombe: „Wassermacher läuft!“, schallte es von unter Deck. Dazu sei gesagt, dass an diesem filigranen System zwei Mann seit Ankunft auf Bermuda gefühlt rund um die Uhr geschraubt hatten und dafür quasi eine Woche unter Tage in der Bilge verbrachten. Bei andauernden 40 Grad und fluchend wie die Kesselflicker wurden alle Schrauben zig-fach gezogen, Kabel in jeder mathematisch möglichen Kombination montiert und der Hersteller mehrfach – zumindest hypothetisch – verklagt. Das Gerät war schließlich schon abgeschrieben und zur Demontage und Zerstörung vorgesehen, bis wohl niemand geringeres als Meeresgott Neptun selbst ein Einsehen mit den beiden Kumpeln hatte und die Kiste zum Laufen brachte. Wassermacher, check. Bei Livemusik, frischen Burgern vom Grill und Sponsor Goslings Dark&Stormy bei der abendlichen Welcome Reception im Royal Bermuda Yacht Club wurde dieses Erfolgserlebnis somit hinreichend gefeiert. Bleibt die Frage der Verlässlichkeit… fragt nicht.

Wer immer schon einmal wissen wollte, wie die Commonwealth-Diplomaten ihren Alltag bestreiten, der war bei der Governor’s Reception am Freitagnachmittag genau richtig. Der Governor selbst, eigens wohl auch für diesen Nachmittag ernannt von HM Queen Elizabeth II, empfing die Crews in seiner den Great Sound überblickenden, 1895 erbauten Residenz, in deren Garten diverse namhafte Mitglieder der Royal Family, wie der Duke of Edinburgh aka Prince Philip, Princess Anne oder auch Kollege Winston Churchill durch Einsatz ihrer grünen Daumen über die Dekaden zahllose Bäume gepflanzt haben. Es wurde klar, dass non-iron Hemden zwar praktisch, aber in karibischen Gefilden auch vollkommen sinnlos sind. In seiner Begrüßungsrede unter den wachsamen Augen der Altvorderen des Britischen Empire (Prince Edward, Tony Blair, Prince Charles & jetzt Camilla und natürlich Mutter Lisbeth, allesamt chromgerahmt auf dem Konzertflügel im Salon), wünschte der aus Schottland stammende Governor den Seglern „Fair Winds“ und appellierte an die Seemanschaft („be safe“), und ermutigte dazu, das schöne Grundstück beim Lustwandeln mit kalten Drinks um den Pool weiter zu genießen…“and if there’s any dipping in, I won’t report it“ – die Queen muss ja nicht alles wissen. Es folgten die Dankesworte sowie guten Wünsche an alle Segler des NRV-Vorsitzenden Andreas Christiansen und des Rear Commodore des Royal Bermuda Yacht Club.

Im Anschluss taten wir etwas, was man in Bermuda schon mal gemacht haben sollte: Wir fuhren an den Strand, bestehend aus weißem Mehl durchsetzt mit pinkem Korallen-Feinstaub, nur unterbrochen von obligatorischen Palmen und dem ein oder anderen Mitglied der High Society. Es war nicht geplant, dass uns im Hotel die Friday Night Pool Party mit Happy Hour erwartete, aber das war auch gar nicht so schlimm. Auf Kommando „Blend in“ integrierten wir uns unauffällig und bekamen so auch ein oder zwei Gläser Rumpunsch und Rosé ab und diskutierten über die Artenvielfalt der lokalen Fauna. Die Nacht war jedoch kurz, denn um 8.00 Uhr war Antreten bei der Immigration Authority of Bermuda im Yacht Club zum Ausklarieren. Nachdem auch das klappte, und selbst die zwischenzeitlich in Kanada gestrandete Sperrklinke der letzten Winch schließlich eintraf, konnten wir unser Glück kaum fassen. In spannender Erwartung des Pressebriefings und Skippers Meeting, die mehr Inhalt versprechen, als das aktuelle Viertelfinalspiel der Schweden gegen England fiebern wir dem Abend entgegen. Denn dann werden wir das Schiff beziehen und erstmals alle zusammen an Bord schlafen, bevor wir morgenfrüh kurz lossegeln nach Hause. Stellt bitte Getränke kalt, Hamburg. 11 Dark&Stormy, 11 Corona und bitte keine Burger. Bis demnächst von unterwegs!

Eure BROADER VIEW HAMBURG CREW

Felix Christiansen