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Hold-up off Den Helder

Die Niederlande laden zum Stop-over

Unsere holländischen Nachbarn zeigten sich gestern von ihrer besten Seite. Neptunus, wie man in den Niederlande sagt, gewährte uns gestern Nachmittag gut 20 Minuten totale Flaute und damit Gelegenheit zum Baden in der Nordsee. Eine willkommene Abkühlung am Rande des Verkehrstrennungsgebietes zwischen Bohrinseln und Windparks, und die Kinder planschten ausgelassen und kreischend in den Fluten und sprangen vom 2 Meter-Brett in das kühle Nass. Danach gab es ein Calippo-Iis von der Strandbude am Broader View Beach, bevor die Segelei weiterging.

Die spätnachmittägliche Teestunde erfuhr eine weitere spannende Abwechslung: Vin Diesel, der jetzt bei der Holländischen Coast Guard arbeitet, sauste mit vier Kollegen im 370 PS Rib heran. Dass er das draufhat, hatte er ja schon in The Fast & The Furious eindrucksvoll auf vier Rädern untermauert. Gut gelaunt luden wir die neuen Freunde zu uns an Bord ein, und reichten Vin und seinen Kumpels unsere dicken Pranken zur Begrüßung. Kaffee und Schokolade lehnten sie ab, da sie im Dienst waren, aber waren ansonsten sehr aufgeschlossen. Insgesamt gut 30 Minuten plauderten wir angeregt über die Regatta und den Atlantik, sie fragten uns interessiert nach allen Details, ob wir unterwegs Auffälligkeiten oder sicherheitsrelevante maritime Ereignisse bemerkt hätten, und dann zeigten wir ihnen unter tosendem Gelächter aller lustige vorher-nachher-Bilder anhand unserer Passfotos im Reisepass. Trotz gewachsener Bärte erkannten sie fast jeden von uns sofort. Wir demonstrierten ihnen den YB Racetracker und verwiesen auf die Wettbewerber, von denen sie aber noch niemanden bemerkt hatten. Wir zeigten ihnen, wem wie uns eine kurze Rennunterbrechung gut tun würde und deren ungefähre Position. Ein lustiges Verwirrspiel erzeugten der alte und neue Schiffsname in den Bordunterlagen, was wir als Ratespaß zum Knobeln aufgaben. Unter großem Gejohle lösten wir das Rätsel aber schließlich schulterklopfend auf. Auch unter Deck durften die Freunde im wahrsten Sinne des Wortes einmal in den Offshore-Regatta-Alltag hineinschnuppern und ließen sich alles ausgiebig zeigen. Ob wir denn noch nicht einmal eine Bratpfanne hätten, wollten sie zum Beispiel wissen. Lachend verneinten wir dann die Fragen nach Alkohol, Waffen oder Drogen, wir hätten ja selbst keine Zigaretten mehr. Ob sie uns diesbezüglich irgendwelche "Seized Goods" zum Kauf überlassen könnten, fragten wir, aber darauf gingen die rührigen Beamten nicht weiter ein. Nach einer halben Stunde und ein paar Selfies mit uns mussten die Jungs los, und so ließen sie uns und die Fußspuren ihrer schwarzen Sicherheitssohlen auf dem frisch geschrubbten Deck zurück. Winkend rasten sie zu ihrem 43 Meter Mutterschiff, auf dem Vins Leibwächter und andere Entourage warteten.

Erst nach dieser ersten Interaktion mit anderen Erdlingen seit zwei Wochen bemerkten wir, dass uns die niederländische Staatsgewalt aus dem Windfeld in die absolute Flaute abgedrängt hatte, und die Tide nun auch noch gegen uns kippte. Sehr dumm für uns, denn es blieb uns nichts anderes übrig, als die Segel zu bergen und den Anker auszubringen. Hätten wir nicht solch einen aufregenden, spaßigen Tag erlebt, und wäre der Sonnenuntergang am gewählten Fleckchen nicht besonders schön gewesen, wären wir echt frustriert gewesen. Aber nach gut zwei Stunden setzte leichter Landwind ein, und wir konnten unsere vorerst letzte Nacht vor Cuxhaven segelnd antreten. Unter glitzerndem Mondschein durfte jeder neue Rudergänger wieder einmal seine Slalomkünste um die Fischtrawlerflotten unter Beweis stellen, was animiert durch lavalampengleiches Meeeresleuchten ein eindrucksvolles Schauspiel darstellte.

Der neue Tag empfing uns mit glattem Wasser, 15 Knoten Wind und einer wunderschönen Revierfahrt entlang der friesischen Küste, den Quasi-Hamptons der Rotter- und Amsterdamer Society. Querab Borkum griffen wir soeben nocheinmal beherzt in die Dry Food Schatztruhe. Dank der Watermaker-Leihgabe von Arnt und Sönke Bruhns (vielen Dank noch einmal, Jungs, stark gesegelt!) runter auf nun noch 40 Liter Frischwasser gossen wir Chicken Tikka Massala (Sieger der Dry Food Herzen) und Kaffee (danke nocheinmal an LATONA, ebenfalls sauber gesegelt!) auf und stärkten uns für die nun noch weniger als 60 von 3500 Seemeilen. Es bleibt spannend, Cuxhaven, wir kommen! Bis gleich, Eure Broader View Hamburg-Crew

Felix Christiansen