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Gotland Rund

Wir trafen uns im wunderschönen Schärenhafen Sandhamn, der sich in ein einziges Päckchen verwandelt hatte. Der Hafenmeister hatte offensichtlich während eines Sturmwochenendes Praktikum auf Anholt gemacht: es war kein Problem trockenen Fußes von Schiff zu Schiff quer über das Hafenbecken zu gelangen. Am Vorabend der Regatta war der Hafen voll mit spektakulären Schiffen und erwartungsvollen Seglern, die ihre Pommes frites aus der legendären Burgerbude des KSSS eisern gegen die Möwen verteidigten.

 

Die Wettervorhersage versprach südliche Winde zwischen 8 - 18 kn und so wurden wir in der Gruppe Grand Open B auf die 446 sm lange Bahn Bravo geschickt. Insgesamt starteten in den stark besetzten Wertungsgruppen nur 4 deutsche Schiffe: die Morning Glory, die Outsider und die Bank von Bremen in unserer Gruppe, die Mamelie in der Gruppe ORC Club C.

 

Wir waren mit einer ambitionierten Crew unterwegs, fast alle waren atlantikerprobt und beim Blue Race gegeneinander gesegelt. Nach einem eindrucksvollen Start der insgesamt über 200Schiffe vor Almagrundet hatten wir auf der Kreuz bei SW 10 kn bald die vor uns gestarteten kleineren Schiffe eingeholt und hörten schon wenig später die Katamarane heranrauschen. HiQ drückte mit beeindruckendem Speed von durchschnittlich 14.38 kn den Streckenrekord auf unter 40 Stunden (Bahn Alfa, 567 sm).

 

Unser Boatspeed lag nur ganz knapp darunter und wir konnten Konkurrenten, die uns vergüten mussten, gut abdecken. Die hellen schwedischen Nächte erlaubten Sichtkontakt zu den anderen Schiffen und taktisches Segeln fast wie bei einer Up- and Down- Regatta. Obligatorische Meldungen beim Runden der Bahnmarken machten das Rennen für Jury und alle, die an Land waren, gut verfolgbar. Nach den Berechnungen der Jury lagen wir ab Östergarn hinter der Morning Glory auf Platz 2. Diese berechnete Platzierung konnten wir bis zum Reporting Point Visby halten.

 

Nach der Wendemarke Visby segelten wir zunächst hoch am Wind, später unter GII/ Pamela zum Inselchen Sandön, das nördlich von Gotland liegt. Nach Sandön konnten wir dank eines Winddrehers auch zum nächsten Wendepunkt, dem Leuchtturm Gustaf Dalén, reachen. Dort verließ uns der Wind, um nach einer sehr flauen Stunde aus der falschen Richtung, nämlich von vorn, wiederzukommen. Unerschütterlich motiviert wollten wir das Schiff fein säuberlich eintrimmen, um die letzten 30 sm zum Ziel vor Almagrundet aufzukreuzen. Das einzige, was nicht mitspielte, war das Achterstag. Pumpschläge mit dem Hydraulikplengel beförderten Hydrauliköl in die Bilge, der Hydraulikzylinder baute aber keinen Druck mehr auf. Bei 10 kn Wind fuhren wir bis zu 15 Grad Höhe, um während der Reparaturversuche möglichst wenig Druck im Segel zu haben. Die Ölleitung war geplatzt, mit Bordmitteln ließ sie sich nicht reparieren. Trotz der glatten Ostsee vollführte das obere Mastdrittel abenteuerlich peitschende Wippbewegungen, nachdem es seiner achterlichen Stütze beraubt war. Wir bauten den Hydraulikzylinder aus und konnten zwischen die Enden des Achterstags eine mehrfach übersetzte Talje scheren. Diese war aber zusammen mit den Backstagen eine rein stabilisierende Notlösung, an Segeln war nicht mehr zu denken.

 

Wir trafen deswegen die enttäuschende, aber einzig mögliche Entscheidung, das Rennen an diesem Punkt abzubrechen und die letzten 30 sm unter Maschine nach Sandhamn zurückzulaufen. Gewonnen hat in unserer Klasse letztlich nicht unerwartet die VO 70 Ericsson. Die Morning Glory musste aufgeben, nachdem sie das obere Drittel ihres Mastes verloren hatte.

 

Die Enttäuschung über den Ausgang des vielversprechenden Rennens verdrängten wir durch neue Regattaplänen auf der NVH mit ähnlicher Crew. Zur blauen Stunde durften wir schwedische Gastfreundschaft bei Philipps Onkel genießen und revanchierten uns mit unserem gesamten Repertoire deutscher Geburtstagslieder. Das abendliche Regatta Dinner im roten Clubhaus des KSSS einte eine gutgelaunte Crew am langen Tisch und beendete die spannenden Regattatage.

 

Caroline Hagenberg