Zum Hauptinhalt springen

Reisebericht Palma-Nizza 2024: Wanna see a racing boat from the inside?

In der zweiten Maiwoche galt es die Stoertebeker von der PalmaVela auf Mallorca zum PAPREC 600 in St. Tropez zu überführen; aufgrund der Hafenauslastung steuerten wir Nizza an. Dabei waren Katrina und Marvin als Skipperin und Navigator, Erik als erfahrener Skipper und Jan nach langjähriger Abwesenheit, sowie Moritz und Lasse, die als Wachführer jede Menge Know-How mitbrachten. Und dann waren da noch drei HVS-Frischlinge, allesamt zwar erfahren in Jolle und kleinen Kielbooten, mit Langstrecke, Rennyacht und Nachts Segeln bisher aber wenig bis gar nichts am Hut. Das sollte sich schnell ändern…

 

Montag Abend liefen wir nach Zelebrierung der Vorcrew, Bootspektakel im Hafen von Palma (TP52 SuperSeries direkt am Steg; Svea und andere Klassikerschönheiten im Luxushafen nebenan) und den üblichen Vorbereitungen gegen 19 Uhr aus. Nach einem kurzen Abendessen und einer Einführung ging es in die erste (Frei)wache von 20-24 Uhr. Beim Sonnenuntergang noch ruhig und warm stieg der Wind nun langsam auf 20-25 Kn TWS von vorn, die Temperatur sank und nicht mehr unter Land bildete sich Wellengang; Die See erzürnte und das Schiff kämpfte an. Die Stoertebeker in tiefster Nacht und bei diesen Bedingungen erstmalig zu segeln war härter als ich es mir vorgestellt hatte. Eimerweise Wasser wurden stündlich an Deck gereicht, das Schiff stampfte über die Wellen und zum größten Übel mussten die Frischlinge auch noch allesamt Fische füttern – Umziehen unter Deck vor dem Mast ist wohl eine bescheidene Idee bei Seegang und mit leerem Magen. Man lernt schnell.

 

Einmal arrangiert mit diesem Umfeld ist Stoertebeker-Segeln aber einfach unfassbar geil! Segel und Rigg geben bei Wind selbst mit Sturmfock und zweitem Reff unendlich viel Power, das Schiff legt sich schräg in den Böen und auch am Steuerrad entwickelt sich angenehmer Ruderdruck; diesen Rennhobel durch die Wellen zu manövrieren macht Lust auf mehr! Eigentlich schade also, dass es um 4 Uhr schon wieder in Koje ging, aber die Anderen haben ja auch Bock auf Segeln.

 

Nach 24 Stunden – die See hatte sich zwischenzeitlich beruhigt, der A5 wurde gesetzt und Delfine umzingelten den Bug – Ankunft im Hafen von Sant Feliu de Guíxols. Dem angekündigten Mistral wollten wir ausweichen um auf dieser Tour Crew und Material zu schonen. Außerdem kamen wir so noch an Eriks Gepäck, das es nicht rechtzeitig nach Palma geschafft hatte. Dort angekommen galt es auf dem Steg im Dunkeln Spargelrisotto nach Laras (die leider krank in München blieb) Rezept zuzubereiten und die Strapazen der Nacht mit warmer Dusche wegzuspülen.

 

Einen Tag in Sant Feliu , den beginnt man am besten mit Bootsarbeit. Da wir die aber zügig erledigten und irgendwann auch alle ihre Badesachen anhatten, konnten wir die Buchten am Steilküsten-Trail erkunden und fanden schließlich ein Platteau ganz für uns. Arschbomben, Klippenspringen und Sonnenbaden – so stellt man sich Segeln im Mittelmeer doch vor.

 

Nach kurzem Pitstop für ein paar Tapas (Datteln im Speckmantel wurden vermisst) und ein Bier galt es noch vorzukochen für den anstehenden Schlag. Süßes Curry zum Abendessen, mediterranen Nudelsalat für unterwegs und Hühnchenfleisch für Wraps, da stößt man mit nur einem Kochfeld und zwei Töpfen durchaus an seine Grenzen. Aber wenn man Spaß hat vergeht die Zeit ja bekanntlich wie im Flug und so habe ich überhaupt keine Erinnerung wie lange Lars, Lasse, Livia und ich da eigentlich mit Stirnlampen über den Topf gebeugt standen.

 

Am kommenden Morgen um 6 Uhr der Wecker – nach Belgique, Belgique von Friedrich Lichtenstein endlich alle wach; bei zehn Minuten Songlänge auch kein Wunder. Fixes Auslaufen aus dem Hafen und ein Frühstück unterwegs, schon gehts nach Nizza. Es galt also Meter zu machen, was uns mit und ohne Wind ganz gut gelang. Die zweite Nacht unter Segeln verkrafteten alle wesentlich besser und auch wir Gringos taten so, als hätten wir im Leben nie etwas anderes gemacht.

 

Gegen Vormittag ankerten wir noch an der Îles d’Hyères, es war ja schließlich eine Tour, borgten ein Dinghy von der benachbarten Swan und Lars, Lasse und Livia kauften frische Croissants und Baguette. Die Szenerie vervollständigten dabei ein knappes Dutzend Cape31, zwei Imoca, zwei Class 40 und zwei TP52, die direkt neben unserem Ankerplatz ausliefen und wenig später ins Rennen starteten; wer Boote mag hatte also ordentlich zu gucken. Die halbe Crew wollte nach dem Frühstück noch planschen und es wurde sich sogar gewaschen („Wer duscht verliert“) bevor ich Marvin und Moritz davon überzeugen konnte mich zum Masttop hochzukurbeln um ein Foto zu machen. Nicht-segelnde Freunde fragen übrigens ernsthaft, ob man da ungesichert hochklettert, aber im HVS wird Sicherheit bekanntlich großgeschrieben.

 

Die letzte Etappe nach Nizza weiter mit unstetem Wind und zum Schluss sogar mehrere Stunden unter Motor. Wettgemacht wurde das aber allemal durch den Bilderbuchsonnenuntergang unter Genaker und in Begleitung von Heerscharen an Delfinen – hach ist das idyllisch. Mittlerweile waren wir als Crew richtig zusammengewachsen und erzählten uns gegenseitig alles mögliche aus dem Leben, scherzten und tratschten miteinander. So verging auch das Motoren kurzweilig und langsam aber sicher wurden Nizzas Lichter größer, bis wir gegen 3 Uhr morgens in den Hafen einliefen.

 

Am Ankunftstag Frühstück auf dem Boot, ebenjenes putzen, FRO entfurlen und Segel verstauen, und dann ein Picknick mit Baguette, Rose, Schinken und Käse auf dem Colline du Château bevor es zum Strand ging. Abends gab es in einem Kellergewölbe geschmortes Fleisch und Rotwein.

 

Herzlichen Dank an unsere Skipperin Katrina und den HVS, die solch außergewöhnliche Reisen auf dermaßen coolen Schiffen erst ermöglichen. Es ist schon ein besonderer, äußerst sympathischer Schlag Segler, die man hier im Verein trifft.